Ja zu mehr Steuergerechtigkeit

Es braucht einen klaren Kurswechsel in der st.gallischen Politik und neue Impulse in den Bereichen Bildung, Steuern, Wirtschaftsförderung und Standortattraktivität sowie eine Umverteilung der finanziellen Mittel.

Der erste Schritt ist die Steuergerechtigkeitsinitiative. Sie setzt am richtigen Punkt an, denn die BASS-Studie zeigt eindrücklich die skandalöse Entwicklung und die Umverteilung von unten nach oben. Das muss gestoppt werden. Die weitere Zunahme der Ungleichheit der Vermögensverteilung wird durch die Wiedereinführung einer moderaten Progression gebremst.

Die Studie zeigt grosse Unterschiede in der Einkommens- und Vermögensentwicklung im Kanton St. Gallen. Währendem das Äquivalenz-Einkommen – unter Berücksichtigung der Teuerung – zurückgegangen ist und sich im gesamtschweizerischen Vergleich unterdurchschnittlich entwickelt hat, haben sich auf der anderen Seite die Vermögen fast verdoppelt und sind sehr ungleich verteilt. 70% der Steuerpflichtigen besitzen lediglich rund 10% der Vermögen, die Reichsten 5% besitzen mehr als die Hälfte. Die Vermögensvermehrung ist im gesamtschweizerischen Vergleich deutlich über dem Durchschnitt.

Die Einkommens- und Vermögenssituation hat sich für einen Grossteil der Menschen, diejenigen mit tiefen und mittleren Einkommen, massiv verschärft. Dafür verantwortlich sind einerseits die Wirtschaftsstruktur mit einem starken zweiten Sektor, ein grosser Tieflohnbereich und ein tiefes Bildungsniveau, andererseits Folge der verfehlten bürgerlichen Wirtschafts- und Steuerpolitik und dem ruinösen Steuerwettbewerb. Die Lohnabhängigen haben in keiner Art und Weise von den Produktivitätsfortschritten profitieren können und sind die Verlierer/innen der Wirtschaftsentwicklung.

Während dem Firmen und Reiche steuerlich massiv entlastet wurden, sind Gebühren und Tarife angestiegen, Stipendien und Krankenkassenprämienverbilligung krass gekürzt worden. Die Mittel aus dem nationalen Finanz- und Lastenausgleich wurden einseitig der Wirtschaft und den Reichen zugehalten, die breite Bevölkerung kam dabei klar zu kurz. Wenn die Löhne stagnieren und gleichzeitig die Lebenskosten (zb. Mieten, Krankenkassenprämien) steigen, dann braucht es zwingend ein Gegengewicht, zb. durch höhere Krankenkassenprämienverbilligung, bessere Finanzierung von Kinderbetreuungsangeboten, bessere Stipendien. Nur so können Familien und Alleinstehende in bescheidenen Verhältnissen in Würde leben. Nur solche Massnahmen garantieren die Chancengleichheit für alle. Die st. gallische Spar- und Abbaupolitik hat das Gegenteil bewirkt.

Sehr krass ist Auswirkung der Steuerpolitik in der Vermögensentwicklung. Höhere Vermögen, grösser Ungleichheit und Vermögenskonzentration sind die Folge der massiven Steuergeschenke für Vermögende durch Tarifsenkungen und Abschaffung der Progression.

Politische Wertung:
Die Entwicklungen der letzten Jahre erlauben verschiedene politische Kernaussagen, die durch die Studie verdeutlicht werden:

  1. Die Stärke des sekundären Wirtschaftssektors (Industrie und Gewerbe) erweist sich bezüglich des Lohnniveaus und des Lohndrucks zugleich als Achillesferse der st.gallischen Volkswirtschaft.
  2. Von den Produktionsfortschritten haben einseitig nur die Unternehmen profitiert, nicht aber die Arbeitnehmenden, die massgeblich dazu beigetragen haben. Die Verteilungsfrage stellt sich verschärft.
  3. Im Bereich der höheren Ausbildungen sind die Probleme hausgemacht (tiefe Maturitätsquote) und bisher (mindestens teilweise) politisch gewollt (Fokus auf die Berufsbildung -> Ausrichtung auf Industrie und Gewerbe).
  4. Gallen ist in der gesamtschweizerischen Wahrnehmung und mit Blick auf das Stellenangebot kein attraktiver Standort.
  5. Die Steuerstrategie mit Fokus auf Zuzug von Sehrgutverdienenden und ertragsstarken Unternehmen ist angesichts der Wirtschaftsstruktur gescheitert und hat das Ungleichgewicht verschärft.
  6. Der ruinöse Steuerwettbewerb hat zu einer Politik der leeren Kassen mit massivem Leistungsabbau geführt mit der Konsequenz, dass notwendige Unterstützungen für Familien und Alleinstehende gekürzt wurden und die Lebenssituation erschwert worden ist.

Fazit:

Die Steuergerechtigkeitsinitiative ist zwingend nötig, denn der Kanton St. Gallen braucht zusätzliche finanzielle Mittel für eine positive Entwicklung, die seiner Bevölkerung zugutekommt.

Barbara Gysi, Nationalrätin

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