Wir müssen in die Bahnzukunft St.Gallen investieren!

Bahnpolitisch ist St.Gallen voll im Umbruch. Im positiven Sinne. Einiges ist erreicht. Aber es bleibt noch viel zu tun. Von Ständerat Paul Rechsteiner, St.Gallen. 

Der St.Galler Hauptbahnhof mit dem neuen Bahnhofplatz gehört jetzt zu den modernsten Bahnhöfen der Schweiz. Der St.Galler Sprinter benötigt auf der Strecke St.Gallen-Zürich noch eine Stunde und zwei Minuten. Zusammen mit den beiden schnellen Regionalverbindungen hat sich die Anbindung Richtung Westen stark verbessert. Mit der Durchbindung der stündlichen schnellen Verbindung von Chur über St.Gallen nach Zürich können nun auch die RheintalerInnen umsteigefrei zum Flughafen und nach Zürich gelangen. Gleichzeitig ist die Bahn für Reisen aus der Ostschweiz in die Feriendestination Graubünden viel attraktiver geworden. Ein grosser Erfolg ist schliesslich die schnelle Verbindung nach Konstanz in 35 Minuten, die erst vor kurzem durchgesetzt werden konnte.

Schneller nach München

Noch bis Ende 2020 dauert es, bis die viele Jahrzehnte vernachlässigte Strecke nach München endlich beschleunigt wird. Die Verbindung von Zürich nach München wird dann noch 3 ½ Stunden, jene von St.Gallen nach München noch 2 ½ Stunden dauern. Die Beschleunigung um eine volle Stunde wird die derzeit grösste auf dem schweizerischen Streckennetz ins benachbarte Ausland überhaupt sein. Damit wird die Bahn auf dieser wichtigen Städteverbindung endlich zum konkurrenzfähigen und überlegenen Verkehrsmittel.

Heute verkehren auf dieser Strecke nicht weniger als drei Fernbusverbindungen. Auch wird zwischen Zürich und München sehr viel geflogen. Wenn die Bahnen bei der Vermarktung dieser neuen Verbindung nicht schlafen, eröffnet das für den Verkehr Richtung Osten völlig neue Perspektiven. Wegen der neuen Bahn-Sprint-Strecke München-Berlin, die dafür nur noch 4 Stunden benötigt, wird auch Berlin auf der Bahn wieder attraktiv. Heute ist Berlin nach London die aus der Schweiz am zweitmeisten angeflogene Städtedestination.

Die halbstündliche schnelle Verbindung nach Chur soll spätestens auf 2025 kommen. Für sie sind neue Doppelspurinseln im Rheintal nötig, die mit dem letzten Ausbauschritt durchgesetzt werden konnten. Der Halbstundentakt ist im nationalen Verkehr das erprobte Rezept für starke Umsteigeeffekte auf die Bahn.  Mit dem Halbstundentakt für die schnellen Verbindungen kommt die Eisenbahnzukunft dann definitiv auch im Rheintal an. Hier ist der Anteil der Bahn am gesamten Verkehr im schweizweiten Vergleich heute besonders schlecht, wurde doch in den vergangenen Jahrzehnten fast ausschliesslich in die Strasse investiert.

Vollknoten St.Gallen geplant

Mit dem nächsten Bahnausbauschritt muss die Vorwärtsentwicklung bei der Bahn weiter vorangetrieben werden. Erstmals figuriert der Vollknoten St.Gallen nun auch in der Planung des Bundes. Mit dem Vollknoten kämen die Züge immer zur ganzen und halben Stunde an, was dann auch für die S-Bahn in der Region neue Möglichkeiten eröffnet. Für einen vollwertigen Vollknoten braucht es eine weitere Beschleunigung der Strecke Winterthur-St.Gallen, damit die wenigen noch fehlenden Minuten für den Stundentakt eingespart werden können. Mit dem Vollknoten St.Gallen käme die Bahn 2000 endlich auch in St.Gallen an. Und wenn es noch gelingt, das letzte auf der internationalen West-Ost-Verbindung in der Schweiz noch fehlende Stück Doppelspur in Rorschach durchzusetzen, dann wird nicht nur die Fahrplanstabilität verbessert. Sondern es nwerden auch neue Perspektiven für einen verdichteten S-Bahn-Verkehr in der Region ermöglicht. Mit der Elektrifizierung der Hochrheinstrecke zwischen Schaffhausen und Basel wird schliesslich die Möglichkeit geschaffen, Basel von St.Gallen aus via Konstanz in zwei Stunden zu erreichen. Das ist auch für die Verkehrsverbindungen nach Süddeutschland attraktiv.

Dass die Dinge in der Bahnpolitik in Bewegung geraten sind, zeigt, dass der gezielte und geballte politische Druck für Verbesserungen in Bundesbern wirksam ist. Eine wichtige Voraussetzung für Erfolge war und ist der geschlossene Auftritt der Ostschweizer Behörden. Konkretes politisches Handeln bewirkt mehr als das einst beliebte Jammern über die Benachteiligung unseres Landesteils. Was für die Investitionen auf Bundesebene gilt, gilt aber auch auf kantonaler und regionaler Ebene nicht weniger. Hier hat der schienengebundene Verkehr – Stichwort S-Bahn, Stichwort Tramprojekt – noch viel Luft nach oben.

Investieren lohnt sich, Abbau nicht

Die grossen Investitionen in die Zukunft der Bahn sind nicht nur für die wirtschaftliche und die Siedlungsentwicklung der Ostschweiz zentral. Die massive Förderung des öffentlichen Verkehrs heisst auch konkrete Politik gegen den Klimawandel. Wer die CO2-Emissionen wirksam zurückdrängen will, muss in erster Linie beim Verkehr ansetzen. Denn die Emissionen des Verkehrssektors stammen zu drei Vierteln aus dem privaten Strassenverkehr. Und Flüge in Kontinentaleuropa sind umweltpolitisch ein Unsinn. Auch hier sind Investitionen in den öffentlichen Verkehr für eine leistungsfähige und gleichzeitig preislich erschwingliche Bahn ein Gebot der Stunde.

Quer zum Ziel der Förderung der Bahn steht derzeit allerdings der politische Druck, die noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden Bergstrecken Rorschach-Heiden, Rheineck-Walzenhausen und Altstätten-Gais mangels Rentabilität aufzugeben. Es wäre ein Schildbürgerstreich erster Güte, diese Kleinbahnen ausgerechnet in einer Zeit einzustellen, in der erstmals nach den Gründungsjahrzehnten der Eisenbahn erstmals wieder gross in die Bahn investiert und in vielen Regionen Europas und der Welt auch wieder neue Strecken eröffnet werden.

Die Investitionen in die Verkehrssysteme prägen den Verkehr der Zukunft. Nachdem in den Nachkriegsjahrzehnten 50-60 Milliarden in den Bau des Nationalstrassennetzes investiert wurden, hat seit Bahn 2000 der Aufholprozess für die Bahn eingesetzt. Dieser muss gezielt weitergeführt werden, schweizweit, grenzüberschreitend und in der Ostschweiz. Dass der neue St.Galler Bahnhof mit der binären Uhr über die modernste Bahnhofsuhr Europas, wenn nicht der Welt, verfügt, ist ein schönes Symbol für die Bahnzukunft der Ostschweiz.

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